Sexualstrafrecht
Sexualisierte Gewalt geschieht in vielfältiger Art und Weise. Es können daher eine Vielzahl an Straftatbeständen verwirklicht sein, zum Beispiel:
– Beleidigung (§ 185 StGB)
– Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen (§ 201 a StGB)
– Nötigung § 240 StGB)
– Bedrohung (§ 241 StGB)
– Körperverletzung (§ 223 ff StGB)
– Freiheitsberaubung (§ 239 StGB)
– Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 ff StGB), wie z.B. sexuelle Belästigung, sexueller Übergriff, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung.
Bei einzelnen Straftaten (z.B. Beleidigung) ist es notwendig, zusätzlich zu einer Strafanzeige einen sogenannten Strafantrag zu stellen, um eine Verfolgung der Taten durch Staatsanwaltschaft und Gerichte zu ermöglichen. Der Strafantrag ist in der Regel innerhalb einer Frist von 3 Monaten zu stellen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages, an dem der Berechtigte von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt. Im Einzelfall (z.B. bei Körperverletzung) kann aber auch dann, wenn kein Strafantrag vorliegt oder die Frist verstrichen ist, von der Staatsanwaltschaft das öffentliche Interesse bejaht werden und die Taten können trotzdem verfolgt werden.
Eine Strafanzeige kann nicht einfach zurückgenommen werden. Daher ist es besonders wichtig, sich über mögliche Auswirkungen und Verfahrensabläufe zu informieren bevor angezeigt wird. Bereits ein Informationsgespräch bei der Polizei kann im Einzelfall zu Ermittlungen führen.
Was hat sich seit November 2016 geändert?
Nein heißt Nein!
Durch die 50. Reform des Strafgesetzbuches im November 2016 sind sexuelle Handlungen gegen den erkennbaren Willen strafbar. Übergriffe gegen Menschen mit Behinderungen werden höher bestraft. Belästigungen und Übergriffe aus Gruppen heraus sind ein eigenständiger Straftatbestand.
Übergriffe, die vor dem Stichtag (10.11.2016) stattgefunden haben, werden nach dem bis dahin gültigen Recht bewertet. Hierbei spielt die aktive Gegenwehr der Gewaltopfer eine große Rolle.
Seit 01.01.2017 gibt es für minderjährige Gewaltopfer, für Menschen mit Beeinträchtigungen und bei besonders schweren Straftaten einen Rechtsanspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung. Eine Mitarbeiterin vom Bewährungshilfeverein Ravensburg e.V. steht zur Vorbereitung auf das gerichtliche Verfahren und während des Verfahrens als psychosozialer Beistand zur Verfügung (info@psych-pb.de).
Was ist bei einer Strafanzeige zu beachten?
- Falls noch Spuren gesichert werden können, steht dies an erster Stelle (Kleidung, Bettwäsche aufbewahren; Arztbesuch ohne sich vorher zu waschen). Am sinnvollsten ist das Aufsuchen der gynäkologischen Abteilung der Oberschwabenklinik in Ravensburg. Hier können Spuren anonymisiert gesichert werden unabhängig von der Entscheidung, ob später eine Anzeige erstattet wird. Die Polizei muss hierbei nicht hinzugezogen werden.
- Um besser einschätzen zu können, was ein oft langwieriges und belastendes Verfahren mit sich bringen kann und wie die Chancen auf eine Verurteilung des Täters stehen, ist Rechtsbeistand sehr hilfreich.
- Die Bezahlung von sachkundigem Rechtsbeistand ist über Beratungs- und/oder Verfahrenskostenhilfe beim Amtsgericht möglich.
Weitere Hilfen vermittelt die Opferschutzorganisation Weißer Ring (weisser.ring.rv@t-online.de).
- Durch Rechtsbeistand kann sich die Betroffene aktiv als Nebenklägerin einbringen (z.B. Akteneinsicht, Benennung von Zeugen, Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit während der Aussage).
- Daneben sind weitere zivilrechtliche Maßnahmen möglich (z.B. Schmerzensgeld).
Diese Informationen sind sorgfältig erstellt und dienen der allgemeinen Orientierung. Eine Haftung hierfür kann nicht übernommen werden. Individuelle Rechtsberatung können sie nicht ersetzen.
Im Einzelfall wenden Sie sich bitte an sachkundige Fachkräfte.
Gesetzestext Strafgesetzbuch