Am 01. Januar 2002 trat das „Gesetz zum zivilrechtlichen Schutz vor Gewalttaten und Nachstellungen“ – abgekürzt „Gewaltschutzgesetz“ – in Kraft. Das Gesetz hat die Verbesserung des Schutzes vor wiederholten Gewalttaten zum Ziel. Voraussetzung ist demnach, dass es in der Vergangenheit bereits zu einer Gewalttat gekommen ist.
Für wen ist das Gewaltschutzgesetz?
Zum Opfer im Sinne des Gewaltschutzgesetzes kann jede beliebige Person werden – unabhängig von Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung und Herkunft.
Das Gesetz kommt allen von Gewalt betroffenen Menschen zu Gute – unabhängig davon, ob eine Partnerschaft oder Ehe mit dem Täter besteht oder bestand.
Was kann beantragt werden?
Schutzanordnung/en
Zur Abwehr weiterer Gewalt sind im Gewaltschutzgesetz fünf beispielhafte Schutz-anordnungen aufgeführt. Je nach Gefährdungs- und Bedrohungssituation können die folgenden Anordnungen einzeln oder kombiniert beantragt werden.
- Das „Betretungsverbot“ verbietet dem Täter, die Wohnung des Opfers zu betreten.
- Das „Näherungsverbot“ verbietet dem Täter, sich in einem bestimmten, im Vorfeld konkret festgelegten Umkreis der Wohnung des Opfers aufzuhalten.
- Das „Erweiterte Näherungsverbot“ verbietet dem Täter, andere festgelegte Orte aufzusuchen, an denen sich das Opfer in regelmäßigen Abständen aufhält. Als Beispiele können der Arbeitsplatz und der Kindergarten des Kindes genannt werden.
- Das „Kontaktverbot“ verbietet dem Täter, Kontakt zum Opfer aufzunehmen. Neben der persönlichen Kommunikation ist die Kommunikation mit Hilfe von Fern-Kommunikationsmitteln verboten (Telefon, WhatsApp, SMS, Briefe, E-Mail, Fax).
- Das „Verbot ein Treffen herbeizuführen“ beinhaltet, dass der Täter im Falle eines zufälligen Zusammentreffens zum Herstellen eines Abstands verpflichtet ist.
Wohnungszuweisung
„Wer schlägt, muss gehen – das Opfer bleibt in der Wohnung“. Zur Abwehr weiterer Gewalt besteht die Möglichkeit, die alleinige Nutzung der gemeinschaftlich genutzten Wohnung zu beantragen. Dies ist auch möglich, wenn der Täter die alleinigen Rechte an der Wohnung hat (alleiniger Mieter/alleiniger Eigentümer). Die Wohnungszu-weisung, auch Wohnungsüberlassung genannt, kann separat, bei Bedarf aber auch in Kombination mit einer oder mehreren Schutzanordnungen, beantragt werden.
Wann sollte ein Antrag gestellt werden?
Nach einer Gewalttat sollte der Antrag zeitnah gestellt werden.
Wer stellt den Antrag?
Die geschädigte Person kann sich an die Rechtsantragsstelle des zuständigen Gerichts wenden. Die dort beschäftigten Rechtspfleger/innen nehmen den mündlichen Antrag zu Protokoll und leiten ihn im Anschluss weiter.
Alternativ hierzu kann die geschädigte Person selbst einen schriftlichen Antrag beim jeweiligen Gericht einreichen.
Eine weitere Option ist die Antragstellung mit Hilfe einer Rechtsanwältin/eines Rechtsanwalts. Die anwaltliche Vertretung ist rechtlich nicht vorgeschrieben. Das zu Rate ziehen einer Anwältin/eines Anwalts mit dem Schwerpunkt „Familienrecht“ ist jedoch in vielen Fällen sinnvoll. Als beispielhafte Gründe sind die Abklärung der Aussicht auf Erfolg, sowie eine fundierte Antragstellung zu nennen. Darüber hinaus können die bestehenden Rechte ausgeschöpft und rechtliche Konsequenzen von Entscheidungen erklärt werden.
Fehlende finanzielle Mittel schließen die Hilfe einer Rechtsanwältin/eines Rechtsanwalts nicht prinzipiell aus. Beim zuständigen Amtsgericht kann Beratungs- und/oder Verfahrenskostenhilfe beantragt werden.
Als Opfer einer Straftat ist alternativ das Beantragen eines Rechts-beratungsschecks beim Weißen Ring möglich (weisser.ring.rv@t-online.de).
Wo wird der Antrag gestellt?
Für alle Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz sind die Familiengerichte, die speziellen Abteilungen der Amtsgerichte, zuständig.
Die betroffene Person kann sich zwischen den folgenden Gerichten entscheiden:
Dem Gericht, in dessen Bezirk die Tat begangen wurde.
Dem Gericht, in dessen Bezirk sich die gemeinsame Wohnung befindet.
Dem Gericht, in dessen Bezirk der Täter seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Wie lange hält der Schutz an?
Die Schutzanordnungen werden in der Regel, ebenfalls wie die Wohnungs-zuweisung, vom zuständigen Richter/der zuständigen Richterin befristet.
Was passiert bei einem Verstoß?
Sofern ein Täter gegen eine richterliche Schutzanordnung verstößt, macht er sich strafbar. Das Opfer sollte direkt die Polizei rufen (Telefonnummer 110). Diese ist für die Verhinderung von Straftaten und den Schutz der Opfer zuständig. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, den Täter wegen des Verstoßes anzuzeigen.
Neben der strafrechtlichen Verfolgung besteht die Möglichkeit, bei Gericht die Verhängung eines Ordnungsgeldes oder einer Ordnungshaft zu beantragen.